Ja, morgen steht ein nicht ganz unwichtiges Spiel an und der Vorbericht kommt natürlich auch noch, aber zum Vorglühen reichen wir noch Emilia´s Bericht vom Besuch des Porto-Spiels nach. Take it away ..
Dienstag, der 12.03.2024.
Die Aufruhr nach der 1:0-Niederlage in Porto war auf sämtlichen sozialen Medien spürbar. Und obwohl wir die Ligaspiele alle souverän gemeistert haben, lag bei diesem Spiel doch was in der Luft. Es war nicht nur ein Rückspiel, es war eines der wichtigsten Spiele der letzten Jahre. Eine Niederlage und ein weiteres Ausscheiden nach bereits sieben gescheiterten Anläufen wären nur schwer zu verkraften. Jeder wusste, was auf dem Spiel steht, und alle waren sich einig: Wir müssen sie weghauen.
Als ich dienstagmorgens auf dem Weg zum Flughafen war, wurde ich von zahlreichen Nachrichten aus der WhatsApp-Gruppe begleitet. Es war ein Mix aus Optimismus und Nervosität. Geflügelt von den Ergebnissen der Vorwoche, wäre das Weiterkommen der ideale Abschluss gewesen, um sich optimistisch in die „heiß geliebte“ Länderspielpause zu verabschieden. In der Bahn habe ich noch schnell auf Twitter den Simulator laufen lassen. Ergebnis: Elfmeterschießen. Bitte nicht!!!. Am Terminal erblickte ich schon die ersten Arsenal-Jacken. Und tatsächlich waren sogar bekannte Gesichter aus der Berlin-Gruppe dabei. Es hat sich schon fast wie eine Mission angefühlt und so poetisch wie ich bin, nannte ich sie: „A flight worth a Quarter“. Das musste immerhin irgendwie betont werden, so ganz billig war der Spaß dann doch nicht.
In London angekommen, wurde mir der Ernst der Lage doch etwas klarer. Und das im Gegensatz zum Himmel, der mich mit Regen begrüßte. Oder waren es die vorzeitigen Tränen der Dragões? Irgendwie schönreden musste man sich das doch. Hat es funktioniert? Definitiv. Meine Nervosität und Anspannung stiegen und jeder Gedanke war vom Spiel eingenommen. Was-wäre-wenn-Fragen haben meinen Kopf ein wenig zu sehr belastet und von der Dramaturgie beeinflusst, machte ich mich auf den Weg ins… British Museum. Wie, warte – kein Pub?! Ja, ich kann es mir bis heute nicht erklären. Mein Besuch war dann auch schnell vorbei, als ich realisierte, dass die Touristen zum Großteil Porto-Fans waren. Hmm, ja, Emilia, das hätte man sich ja denken können.
Vom Hotel ging es dann direkt zum Stadion, wo ich mir mein Heimtrikot mit Rice beflocken ließ. Und so sehr ich es auch tragen wollte, wurde mir schnell bewusst, dass ich ohne mein grünes Trossard Trikot eine Niederlage riskiere. Auch wenn er vermutlich eh nicht treffen würde (haha) – sicher ist sicher. Ich denke, bei solchen Macken bin ich nicht alleine – hoffe ich zumindest. Danach ging es direkt in sämtliche Pubs, wo sich schon die ersten Fans versammelt haben. Es war 16 Uhr, aber die North London Hymne hallte schon durch die Türen und fand ihr letztes Echo vor dem „Tollington“ in der Hornsey Road auf dem Weg ins Stadion.
Und dann öffneten sich die Pforten der heiligen Hallen und ich hörte zum allerersten Mal live die Champions League-Hymne im Emirates. Es war unbeschreiblich und ein Traum, der in Erfüllung ging. Alle Sorgen waren verflogen und ich war mir sicher, wir packen das.
Nach dem Anstoß-Pfiff entwickelte sich ein Spiel, mit dem wir alle gerechnet haben. Porto hat uns dazu gebracht, das Spiel so zu spielen, wie sie es wollten. 40 Minuten lang lag das Spiel auf Messers Schneide und die Sorge, keinen Ausgleich zu erzielen, konnte man förmlich spüren. Hinzu kamen die überaus fragwürdigen Entscheidungen des Schiedsrichters und die ständigen Unterbrechungen der Porto-Spieler, die eine besondere Anziehung zum Boden pflegten. Es war einfach anstrengend und kein schönes Spiel und es schien, als wenn nicht mehr viel bei rauskommt. Doch dann griff uns unser Kapitän unter die Arme und spielte einen perfekten Pass auf Trossard heraus, der diesen mit Präzision verwandelte. Das Emirates erwachte wieder zum Leben und es stand 1:0. Gepackt von Freude und Euphorie zog ich meine Jacke aus und ließ mein Trossard Trikot feiern. Aberglaube hat wohl doch irgendwo seine Daseinsberechtigung.
Die zweite Halbzeit war geprägt von fast schon skandalösen Entscheidungen des Schiedsrichters. Was da gepfiffen und nicht gepfiffen wurde, kann man keinem erzählen. Es hat auch nicht wirklich ermutigt, dass das Stadion aus meiner Sicht doch etwas ruhiger war als sonst. Als dann das Tor von Odegaard aufgrund eines Foulspiels durch Havertz an Pepe nicht anerkannt wurde, kochte es nicht nur im Stadion, sondern auch auf Twitter. Zumal ich hier an der Stelle (und das ist die Einzige, versprochen), den Kampfgeist und Ausdauer von Pepe loben muss. Das war`s aber auch, Porto ist sportlich gesehen auf meiner Abschussliste. Es sah so aus, als ob wir am ehesten ein Tor schießen würden und doch mussten wir in die Verlängerung. Porto wechselte insgesamt fünf Spieler aus, wir nur drei. Sollte es zum Elfmeterschießen kommen, haben wir mit Jorginho einen wichtigen Schützen verloren, dachte ich. Bei einigen unserer Spieler waren Anzeichen von Müdigkeit zu erkennen. Raya und Kiwior glänzten und Zinchenko und Nketiah sollten zu einem Schlusstreffer verhelfen. Dazu kam es aber nicht. Einerseits war man erleichtert, dass jetzt alles wieder drin ist, andererseits sind Elfmeter immer ein wenig Lotterie. Hinzu kam unser „Achtelfinale Fluch“.
Meine Befürchtung und Angst haben sich also bestätigt: Elfmeterschießen. Ich kann mich gut an die Worte eines Kumpels erinnern: „Keine Sorge, Emilia, Raya macht das schon.“ Beruhigt hat es mich trotzdem nicht. Und dann das Handzeichen Richtung North Bank. Kurze Erleichterung. Die Reihen vor und hinter mir vermittelten Stress, Nervosität, Freude, Erwartung und vor allem Adrenalin. Die einen guckten weg, die anderen verdeckten halb ihre Gesichter oder zappelten in ihren Sitzen hin- und her. Und dann gab es die North Bank, die sich bei jedem Näherkommen der Porto-Spieler, die Seele aus dem Leib schrie. Die Pfiffe gingen durch Körper und Geist. Ein optisches und akustisches Erlebnis, welches ich niemals vergessen werde. Das Stadion glich einer Arena. Erst später hörte ich von den Porto-Fans, dass sie innerlich auf eine Niederlage vorbereitet waren. Das Elfmeterschießen dauerte eine gefühlte Ewigkeit, war aber auch schneller vorbei als man gucken konnte. Gefühlt erinnere ich mich an alles und an nichts. Es war Stress pur. Als Raya dann den vierten Elfer gehalten hat, brach eine Euphorie aus, die ich seit dem Nelson Tor nicht mehr gespürt habe. Wir lagen uns alle in den Armen und konnten es nicht fassen. Es war vollbracht. Nach den letzten sieben Anläufen und 14 Jahren- Wir waren tatsächlich im Viertelfinale der Champions League angekommen. Nach so vielen Jahren der Frustration und Hoffnung. Laute Stimmen aus dem Clock End erklangen in Richtung des Auswärtsblocks: „WHO ARE YA, WHO ARE YA“ und damit war der Abend perfekt. Als ich später am Tresen im Tollington stand, hörte ich nur kurz, wie ein älterer Herr zu seiner Begleitung sagte: „It’s been 14 years, mate“ und ich wusste, wir haben für uns was Großes geschafft. Nicht nur sportlich, sondern vor allem emotional.