Reisebericht Wolves away: Trossard again… ein Ausflug in die Midlands 4.6/5 (10)

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Von Tilmann

Liebe fellow German Gooners, im folgenden Bericht nehme ich ( euch mit auf eine Reise zum Auswärtsspiel nach Wolverhampton:

Im traditionellen Molineux, wo man sich (wie früher in Highbury) mit Ach und Krach durch die Drehkreuze quetscht, gönnt man uns Auswärtsfans den kompletten Unterrang der Gegengerade. Eine feine Sache! Man kann uneingeschränkt sehen, ist aber nah am Geschehen. Hinter einem sitzen die besser betuchten, aber keinesfalls die Konfrontation scheuenden Wolves Supporter, nur durch (zum Glück) bruchfreie Glasscheiben getrennt in ihren Logen. Von Beginn an wurden uns Handydisplays mit Aufschriften und Bildern des deutschen Tabellenzweiten präsentiert (Kimmiiiich).

Auch die Home Supporters hinterm Tor merkten, dass in unserem Block der ein oder andere gedanklich oder sogar physisch noch in der bayrischen Landeshauptstadt war… ein Banter wie in guten alten Zeiten. Bei einem Gegentreffer wären wir wahrscheinlich komplett auseinander genommen worden. Aber dazu sollte es bekanntlicher Weise nicht kommen.

Darüber hinaus bieten sich einem in und um das Stadion ambivalente Eindrücke, an die man sich durch die Kommerzialisierung unseres geliebten Sports schon fast gewöhnt hat: Auf dem Weg durch die Innenstadt hilft man einem Schalverkäufer dabei, seinen klapprigen Wagen durch die holprigen Straßen der ehemaligen Kohlebergbaustadt zu befördern. Angekommen am Stadion wird man dann von einem  Fansfest mit Live-DJ begrüßt (wers braucht…). Zum Anpfiff versetzt einen Jeff Becks eindringliches „Hi ho silver linings“ in die Zeiten zurück, in denen die eigenen Eltern die britische Kultur kennen- und lieben gelernt haben. Die dazu präsentierte Feuershow bringt einen schnell wieder in die Neuzeit, in der ein moderner Fan mit allen Mitteln der Kunst unterhalten und ausgenommen werden will. Als auf der Anzeigetafel die Angebote aus dem Super Store eingeblendet wurden, wäre ich um ein Haar schwach geworden 😉

Der Spielverlauf ist bekannt und muss hier nicht weiter erläutert werden. Aufgrund meiner körperlichen Verfassung (nach 10 Tagen USA und Bahamas durch die erste Arbeitswoche geschleppt, am Freitag Abend einen überraschend emotionalen Heimsieg der Eintracht feiern dürfen, weshalb vor dem Abflug nach Birmingham um 8 Uhr morgens nicht geschlafen wurde), sehnte ich den Schlusspfiff so ab der 60. Minute herbei.

Natürlich lag das auch an unserer knappen Führung, die zwar nicht wirklich wackelte, aber man kennt es ja… genau wegen dieser körperlich und seelischen Erschöpftheit hatte ich jedoch Verständnis für unsere Spieler – ok, ein Flug von München nach London ist nicht zu vergleichen mit einer Überfahrt des Golfstroms auf einem 12m Boot 😉 Und bestimmt hatten die Jungs mehr Schlaf und Stimme als ich nach Freitag Abend – aber man konnte schon sehr gut erkennen, dass wir uns in der Schlussphase einer intensiven Saison befinden. Bei einem Defensivsprint unseres überragenden Captains in der Schlussphase konnte man die übersäuerten Muskelfasern förmlich bis auf die Ränge schlackern hören und ich hielt die Luft an. Ansonsten ist Declan Rice hervorzuheben, der definitiv den Unterschied zur letzten Saison ausmacht. Dann wäre da noch ein aufopferungsvoller Kai Havertz und ein junger Flügelspieler, der auf dem allerletzten Loch pfeift (und deswegen auch nicht mehr so performt) aber week in week out 90 Minuten abreißt, wohl auch weil Alternativen fehlen.

Ob es am Ende reicht, um das „arab sports washing project“ (Zitat Carsten B.) aus Manchester vom Thron zu stoßen, wird man sehen. Fest steht, wir brauchen im Sommer frisches Blut. Spieler wie Saka benötigen dringend mehr Regeneration und trotz dreier Leftbacks gibt es sowohl auf dieser Position als auch im Sturm Handlungsbedarf.

Abschließen möchte ich meinen Bericht mit den Eindrücken aus dem Zug Richtung Birmingham nach dem Spiel. Diese könnte man sich nicht britischer ausdenken. Am Gleis einige Jungs aus meinem Block wiedergetroffen, zusammen in einen Wagen gestolpert, in dem über 2 Viererplätze bereits eine Familie verteilt war. Mutter und Tante (braun gebrannt, Wasserstoff blonde Haare und cheeky as f*ck). Die beiden Männer, Billy Bright (football factory) Verschnitte, aber tiefenentspannt dem jüngsten Sprössling (max 10 Jahre alt) dabei zusehend, wie dieser einen Arsenal Chant nach dem anderen anstimmt. Unbeteiligte, die es natürlich auch im Abteil gibt, blicken erschrocken auf das sich ihnen bietenden Szenario. Seinen Höhepunkt findet das Ganze als der mittlerweile etwas heiser gewordene Bub seiner Mutter die Cider Dose aus der Hand nimmt, sich einen ordentlichen Schluck gönnt und mit voller Inbrunst aus geölter Kehle die zwei Worte des Abends grölt: Trossard again!

Danke an meine wunderbare Familie, die mich an solchen Wochenenden auf die Menschheit loslässt, an Carsten B., der mit Tom Samuels den wohl wichtigsten Mann in Sachen Tickets für unseren SC gewinnen konnte und natürlich an unsere Community, die mittlerweile genau so bunt ist wie 24 Stunden in den Midlands!

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