You keep me right, Alexis
Wann auch immer Alexis an den Ball kommt, man merkt sofort, dass er nach vorne will. Er rennt in die Mitte oder in Richtung Tor und treibt alle Spieler, ob Freund oder Feind, mit seiner endlosen Energie an. Oft genug klappt es nicht und der Spielzug verläuft sich. Aber dann und wann passiert etwas unerwartetes, ein Verteidiger ist abgelenkt, ein Arsenal-Spieler taucht in einer gefährlichen Position auf und Alexis wird das entdecken und ausnutzen. Auch wenn einige seiner langen Pässe noch nicht mal in die Nähe eines seiner Mitspieler kommt, wird doch immer wieder deutlich, dass dieser Mann unbedingt Tore erzielen will. Und das tut er. Er hat nur im Dezember in 6 Spielen 8 Tore vorbereitet oder selbst geschossen. Das sind ungefähr zwei Drittel unserer gesamten Torausbeute!
Dazu gehören auch drei gegen West Ham, von denen das Letzte den Chilenen so treffend charakterisiert: Er sieht die Vorwärtsbewegung und wo Platz für ihn ist und fordert den Ball von Oxlade-Chamberlain. Der folgende Pass ist wunderschön gewichtet, er nimmt ihn mit, immer noch in einem brachialen Tempo, ist nun kurz vor dem Strafraum, guckt hoch, sieht keinen Anspielpartner in besserer Position, macht einen Übersteiger nachdem er grade noch einen Sprint hingelegt hat und überlupft den Torhüter. Alexis‘ unfassbare Schnelligkeit, seine Abschlussfertigkeit, aber auch seine Straßenfußballer-Frechheit, die ihn auch so schwer einschätzbar macht, ist wunderbar anzusehen und macht uns um einiges besser.
1-0 to the Arsenal ist auch nicht mehr was es mal war
Liverpool am 13. Dezember. Ein stilles Stadion, ein merkwürdig abgefälschter Freistoß und bums – 1-0 to the Arsenal! Nur dass dann aus irgendeinem Grund alle denken, dass das Spiel gewonnen ist (Everton kann ja sowieso nichts) und sich herumschubsen lassen als wäre das hier die U18 gegen Stoke City in Pulis-Form. Das 1-1 fällt dann kurz vor der Halbzeit und zu keinem Zeitpunkt sehen wir so aus, als würde da noch was gehen. Das obligatorische Tor nach einer Ecke fiel dann in der 86. Minute, ein Schuss von Iwobi in der Nachspielzeit wurde von der Linie gerettet. Zum kompletten Arsenal-Bingo hätte dann nur noch eine Aaron Ramsey-harmstring gefehlt.
Manchester, 5 Tage später. Ein stilles Stadion, ein wunderbar gelungener Konter und bums – 1-0 to the Arsenal! Nur dass dann aus irgendeinem Grund – Ne, warte. Das hatten wir doch schon mal. Diesmal hat sich halt nur keiner herumschubsen lassen, es war einfach so, dass unser gesamtes Mittelfeld von Jetzt auf Gleich das Passen verlernt hat und City so ein paar Mal gefährlich nah ans Tor kam. Glücklicherweise haben wir diesmal zur Halbzeit durchgehalten (bis zum 3. Januar lagen wir zur Pause kein einziges Mal zurück). Der Tee in der Kabine hat dann wohl zu lang gezogen, denn als die Mannen in Rot-Weiß wieder auf dem Platz standen, schienen sie dermaßen müde, dass man sie am liebsten im Arm gewiegt hätte. Das 1-1 kam in der 47., das entscheidende Tor für City in der 71. Minute. Auch hier sah es nicht so aus als würden wir jemals wieder auch nur in Sichtweite von Claudio Bravo kommen.
Das hört sich alles ziemlich unschön an, es sah auch ziemlich unschön aus und 8 Punkte vom Tabellenführer ist keine angenehme Position. Aber nur mal zum Vergleich: Wir haben in dieser Saison drei Mal verloren nachdem wir das erste Tor geschossen haben (in allen Ligaspielen, die wir verloren haben). Wir haben bis zum 31. Dezember aber auch neun Punkte gerettet, nachdem wir 0-1 zurücklagen, von 5 Spielen dann sogar 2 noch gewonnen. Auch wenn die Niederlagen schwer zu verdauen waren, auch andersrum hat es bei uns diese Saison geklappt.
Wettbewerb tut gut
Am Anfang der Saison wurde sich oft darüber beschwert, dass Monreal nicht mehr so konstant gute Leistungen abrufen kann wie noch letztes Jahr. Dann wurde er für ein paar Spiele mit Kieran Gibbs ersetzt und sobald er wieder auf dem Platz stand, war er wieder fast sein altes Selbst. Theo Walcott wurde letztes Jahr oft für seine angebliche Lethargie und defensive Nachlässigkeit gescholten. Aber er hat gemerkt, dass es so nicht weitergeht und über den Sommer scheinbar eine Transformation durchgemacht. Auch wenn es immer noch Spiele gibt, in denen er höchstens 8 Mal den Ball berührt, defensiv ist Hector auf der rechten Seite jetzt wesentlich besser geschützt. Lucas Perez hat gegen Basel einen wunderschönen Hattrick geschossen, trotzdem findet er sich bis Weihnachten nur auf der Bank wieder. Wir haben endlich mal Leute auf der Bank, die den Startern im Nacken sitzen und ebenso gut selber spielen könnten, ohne dass ein Qualitätsabfall zu beobachten wäre. Und das schlägt sich in den Leistungen nieder.
Die Wichtigkeit eines Plan B
Olivier Giroud, record breaker, history maker. Ja, wirklich. Er hat jetzt – vor Robin van Persie, Nwankwo Kanu und selbst Thierry Henry – die meisten Tore von der Bank aus für Arsenal geschossen. So jemanden in der Hinterhand zu haben ist sehr, sehr angenehm. Er hat uns diese Saison schon einige Punkte gerettet. Und selbst wenn der Plan B gezwungenerweise zum Plan A wird, wird Giroud Einfluss auf das Spiel haben. Es ist wahr, dass wir mit ihm wesentlich weniger Bewegung im Angriff haben und recht eindimensional sind, da er im Gegensatz zu Alexis starrer und zentraler in seinem Positionsspiel ist. Aber wie man gegen West Brom gesehen hat, gibt es Spiele, in denen seine Stärke und Standhaftigkeit sehr nötig ist. Ein Alexis wäre bei dieser Sechserkette nicht glücklich geworden. Wenn man sich Girouds Tor ansieht, dann ist das Beeindruckendste, dass an ihm dermaßen gezerrt und rumgedrückt wurde, dass er fast auf dem Boden landet, aber immer noch den Ball trifft, und zwar perfekt, denn ein einfacher Kopfball von da wäre noch lange kein Tor gewesen. Solange wir uns nicht eine ganze Saison darauf verlassen müssen, dass er alle unsere Tore schießt, ist der Franzose eine Bereicherung für dieses Team.
Özil ist kein Luxus, sondern Teil des Spiels
Es ist sehr einfach nach einer schlechten Leistung auf den Offensivspielern herumzuhacken. Denn wenn sie sich mehr „angestrengt“ hätten, hätte City ja gar nicht so viel Ballbesitz in unserer Hälfte haben können, oder? Aber wenn man sich Özils Leistung anguckt, wird deutlich, dass nicht er das Problem war (auch wenn einige seiner Pässe nicht so gut waren wie wir es gewöhnt sind), sondern die ganze Einheit hinter ihm, die für das Aufbau- und Umschaltspiel verantwortlich war. Unsere drei häufigsten Passkombinationen waren Bellerin zu Gabriel, Gabriel zu Cech und Gabriel zu Bellerin. Keiner davon sonderlich weit nach vorne, nicht wahr? Wäre Xhaka besser ins Spiel gekommen oder hätte Coquelin ein wenig mehr geliefert, hätte das ganze anders ausgehen können. Denn Özil ist nicht faul. Özil ist aber auch kein Spieler, von dem man erwarten kann, dass er die ganze Zeit hinten mitarbeitet, denn dann funktionieren unser Konter nicht. Ohne Ballbesitz ändert sich unser nominelles 4-2-3-1 in ein 4-4-2 mit Alexis und Özil vorne. Das kann sehr gut klappen, wenn das Mittelfeld funktioniert. Chelsea haben wir so komplett auseinandergenommen. Gegen City hat es offensichtlich nicht funktioniert. Aber Özils Kreativität bleibt trotz dessen unfassbar wichtig. Auch gegen West Brom sah es so aus, als würde nichts funktionieren, aber ein Spieler wie Özil kann, in Verbindung mit einer starken Leistung von Giroud, so ein Spiel mit einer einzigen Flanke drehen. Er muss zwar defensiv getragen werden, aber das konnte man Bergkamp und Pires auch vorwerfen.